Samstag, 9. Mai 2009

Kanadas Ureinwohner: Indigene Völker im Ahorn-Staat

Bis zu 20 Meter ragen die mächtigen Totempfähle in die Höhe. Kunstvoll geschnitzt und mit Pflanzenfarben bunt bemalt sind die maskenhaften Tierköpfe, die sie zieren und oft recht grimmig ins Land schauen. Diese weithin sichtbaren Spuren indianischer Kultur finden sich in Kanada vor allem an der Pazifikküste, wo sie auch ihren Ursprung haben.

Mit dem berüchtigten Marterpfahl hat der Totempfahl (auch: Wappenpfahl) nichts zu tun. Indianer stellten ihn auf, um Verstorbene zu ehren, sich vor bösen Geistern zu schützen oder um aus Prestigegründen ihre Wappentiere zu zeigen. Jeder Clan hatte Tiere im Familienwappen, die außerdem auf seinem Geschirr, den Waffen, Decken oder Zeltwänden abgebildet waren. Um die Struktur eines Totempfahls zu deuten, muss man die Geschichte und Mythen seiner Urheber kennen.

Um 1500 gab es erste Handelskontakte zwischen Indianern und Europäern. Nach und nach beanspruchten europäische Siedler das Land. Die Indianer hatten nicht nur den massiven Zustrom aus der „Alten Welt“ zu verkraften. Hinzu kam, dass ganze Stämme von Infektionskrankheiten dahingerafft wurden.

Mit dem Indian Act von 1876 legte das kanadische Parlament die rechtliche Situation der Indianer fest. Darin wird bis heute geregelt, wer als Indianer gilt und welche Rechte und Einschränkungen damit verbunden sind. Im 19. Jahrhundert entstanden zahlreiche Indianer-Reservate.

Das Department of Indian Affairs and Northern Development ist als Ministerium der kanadischen Regierung für die Klärung von Sachverhalten und Konflikten verantwortlich.

Dabei griff der Staat – teils über lange Zeiträume – rigide in das Leben der Ureinwohner ein: 1885 wurden öffentliche religiöse Zeremonien untersagt. Manche Stämme durften ihre Reservate damals nicht ohne staatliche Erlaubnis verlassen. 1914 verfügte man, dass westkanadische Indianer nur mit offizieller Genehmigung ihre Stammestracht öffentlich zur Schau stellen durften.

Ein zähes Ringen um kulturelle Eigenständigkeit, politische und soziale Rechte kennzeichnet das Leben der Indianer in Kanada bis heute. Erst 1960 durften sie zum ersten Mal an Bundeswahlen teilnehmen. Und bis in die 1970er Jahre mussten fast alle indianischen Kinder auf internatähnliche Schulen gehen, in denen sie ihre Stammessprachen nicht verwenden durften. Heute leben etwa 700.000 Menschen indigener Abstammung in Kanada, deren Geschichte sich über 12.000 Jahre erstreckt – viele davon in einem der 3000 Reservate. In ihrer Gesamtheit nennt man sie First Nations. Mit 100.000 Sprechern ist das Cree ihre vorherrschende Sprache. Hinzu kommen die eskimoische Volksgruppe Inuit im Norden sowie die Métis im Osten als Nachfahren von Cree-Indianern und Europäern.

632 Stämme der First Nations hat der Staat anerkannt. Knapp 200 sind in Reservaten in British Columbia ansässig. Viele der First Nations leiden unter Armut und sozialen Problemen. Eine Hoffnung liegt in der Bildung: Seit 2003 gibt es die First Nations University of Canada in Regina, wo Indianer Sprachen, Verwaltungsrecht oder Gesundheitswissenschaften studieren.

Das Aboriginal Canada Portal: http://www.aboriginalcanada.gc.ca/acp/site.ns/en/index.html

Bilder: Totem Park, Victoria, British Columbia (Quelle: Wikipedia)

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